Dendrochronologische Untersuchungen an Musikinstrumenten & Kunstobjekten

Um die Methode zu erläutern, sind hier die häufigsten Fragen und Antworten zur Dendrochronologie an Musikinstrumenten aufgeführt.

Woher kommt der Begriff Dendrochronologie?
Der Begriff Dendrochronologie ist aus den griechischen Worten déndron für Baum, chrónos für Zeit und lógos für Lehre zusammengesetzt. Wörtlich übersetzt heißt Dendrochronologie also Lehre bzw. Wissenschaft der Baumzeit.

Was ist Dendrochronologie?
Unter Dendrochronologie oder Jahrringanalyse versteht man die Altersbestimmung von Holz aufgrund seiner unterschiedlich breiten Jahrringe. Die Jahrringbreite des Baumes wird vorwiegend exogen, also durch äußere Einwirkungen beeinflusst. Die wichtigsten exogenen Einflüsse sind Temperatur, Niederschlag und der Standort des Baumes. Je nach Standort bzw. Wuchsregion bildet der Baum im Laufe seines Lebens eine charakteristische Jahrringfolge. Der einzelne Jahrring besteht dabei immer aus einer helleren und einer dunkleren Zone, dem Früh- und Spätholz (Abb. 1).

Welche Teile von Musikinstrumenten werden untersucht?
Bei Tasteninstrumenten werden die Resonanzböden, bei Streichinstrumenten die Decken untersucht. Eine genaue Messung der Jahrringbreiten an diesen Teilen ist möglich, da sie aus dem Stamm gespalten sind und somit eine streng radiale Struktur aufweisen (Abb. 2).

Aus welchen Holzarten sind diese Teile?
Die o.a. Instrumententeile sind im Normalfall aus Fichte (Picea abies L. Karst.) hergestellt. In wenigen Fällen kommt auch Tannenholz (Abies alba Mill.) vor. Eine dendrochronologische Untersuchung der Zargen und Böden von Streichinstrumenten ist leider nicht möglich, da sich das verwendete Ahornholz (Acer pseudoplatanus L. bzw. A. platanoides L.) nicht zur Datierung eignet.

Muss man zur Bestimmung eine Probe entnehmen?
Nein, die dendrochronologische Messung an Musikinstrumenten erfolgt völlig zerstörungsfrei. Die Jahrringbreiten werden entweder mit einer Lupe oder einem Mikroskop gemessen. Es muss kein Material entnommen werden, hilfreich ist allerdings das Abnehmen der Saiten.

Weiß man direkt nach der Messung, wie alt das Instrument ist?
Nein. Aus den gemessenen Jahrringbreiten wird anschließend eine Jahrringkurve erstellt und mit einer Referenzchronologie verglichen. Durch Verschieben der Kurve entlang der Zeitachse der Referenzchronologie kann dann der letzte/jüngste gemessene Jahrring des Instruments zeitlich bestimmt werden. Die dendrochronologische Datierung stellt aber keinen Echtheitsbeweis dar. Sie macht lediglich eine Aussage über das verwendete Holz.

Wie viele Jahrringe braucht man zur Bestimmung?
Generell ist eine Altersbestimmung ab 50, besser 100 gemessenen Jahrringen möglich, aber nicht garantiert. Die derzeitige Datierungsquote liegt bei etwa 80%.

Ist der letzte/jüngste Jahrring das Baujahr des Instruments?
Für die Instrumententeile kann immer nur ein sogenannter terminus post quem, der dem frühestmöglichen Fälldatum des Baumes entspricht, angegeben werden. Für eine zeitliche Differenz zwischen der kunsthistorischen Einordnung und der dendrochronologischen Datierung gibt es zwei Möglichkeiten: die Lagerzeit des Holzes und die Anzahl der bei der Herstellung der Instrumententeile abgetrennten Jahrringe.
Je nach Jahrringbreite können beim Fügen von Einzelteilen, also dem Ebnen der zu verleimenden Seitenkanten, bei einer Abtrennung von beispielsweise ein bis zwei Millimetern bereits zwei bis zehn Jahrringe verloren gehen.

Wie bildet man eine Referenzchronologie?
Beim Aufbau einer Chronologie zur Datierung von Musikinstrumenten geht man von Bäumen einer Art (hier: Fichte ) aus, die in der Gegenwart gefällt wurden und deren Jahrringfolgen bis beispielsweise ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Aus Musikinstrumenten bekannter Baumeister oder Herkunft können sogenannte "schwimmende Chronologien" erstellt werden. Somit hat man zwei Baumkollektive, die möglicherweise über einen längeren Zeitraum gemeinsam gelebt haben und somit ähnliche Jahrringfolgen aufweisen. Falls dies zutrifft, kann die ?schwimmende Chronologie? kalendergenau datiert und die Referenzchronologie nach dem "Überbrückungsverfahren" (Abb. 3) in die Vergangenheit verlängert werden.

Ist die Dendrochronologie das gleiche wie die Radiokarbon (C14-) Methode?
Nein. Die Radiokarbondatierung ist eine physikalische Methode. Sie arbeitet nicht zerstörungsfrei und kann insbesondere im Zeitraum von 1700 bis 1900 keine eindeutigen Ergebnisse liefern.

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Abb. 1: Früh- und Spätholz.